Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
zu den häufig aufgeführten Orgelwerken von César Franck gehört sein Choral Nr. 3 a-Moll.
An der neu erbauten Kirche Sainte-Clotilde in Paris mit der am 19. Dezember 1859 eingeweihten Cavaillé-Coll-Orgel trat César Franck in diesem Jahr seine Stelle als Organist an, die er bis zu seinem Lebensende bekleidete. Seit 1872 wirkte er als Nachfolger von Francois Benoist als Professor am Conservatoire, mit großer Nachwirkung als Lehrer von bedeutenden Schülern wie zum Beispiel Vincent d’Indy, Claude Debussy, Charles Tournemire und Louis Vierne. Er weckte das Interesse der französischen Musikwelt für den reinen Instrumentalstil und begründete das zyklische Prinzip im Sonaten- und Sinfoniegedanken, indem er alle Sätze aus einem einzigen Grundthema heraus entwickelte. Sein weicher und fließender Stil ist voll kühner Chromatik und häufiger Modulationen. Die Orgelmusik ist sein ureigenes Gebiet; dieses Instrument bedeutete für ihn alles.
In den Drei Chorälen gipfelt sein Orgelschaffen; als "Choral" bezeichnet er hier eine selbsterfundene, choralähnliche Weise, die jeweils als Thema behandelt ist. Er überarbeitete die Stücke zur endgültigen Fassung in seinen letzten Lebensmonaten im August und September 1890 in Nemours, wo er sich bei Freunden von einem Unfall erholte. Auch in Paris arbeitete er noch an dem Manuskript bis zu seinem Tod am 8. November 1890.
Der Choral Nr. 3 a-Moll - Francks Opus ultimum, sein "Schwanengesang" und damit sein spezielles Vermächtnis an die Nachwelt - ist besonders stark vom Kontrast zwischen dem Choralthema und seinen Gegenstimmen geprägt. Das einleitende Arpeggienthema lässt Reminiszenzen an Johann Sebastian Bach anklingen. In seiner lebhaften Bewegung bildet es das Fundament für die vorwärtsdrängende Entwicklung in den Mittelabschnitten. Fast überirdische Ruhe strahlt dagegen das Choralthema aus, das in einer nach Art des Sonatenhauptsatzes angelegten dreiteiligen Form immer wieder im Wechsel mit dem Choral erklingt. Ein Mittelteil, das Adagio in A-Dur ist ein lyrischer Cantus firmus-Satz, der wirkungsvoll immer wieder die Mollvariante einbezieht und mit intensivem Einsatz der Chromatik bis an die Grenzen der Diatonik geht. Nach der ersten Präsentation des lyrischen Themas erklingt wieder der Choral, der nun zur Begleitung des Adagio-Themas im Tenor wird. Anschließend werden beide Themen mit intensiven Modulationen durchgeführt, sodass sie in vielerlei harmonischen Farben schillern, bis sie zuletzt im vollen Plenum mit Zungenstimmen kombiniert werden und über stete Verbreiterung der strahlende A-Dur-Schlussakkord im fff erreicht wird.
Ein Mitschnitt des a-Moll-Chorals vom 25. September 2018 ist hier mit Olivier Latry an der Orgel der Pariser Notre-Dame sehen:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler