Nachricht

24.11.2021 Kategorie: ElmMusik, ErkerodeMusik

Musik in schwierigen Zeiten

Folge 251

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freunde der Kirchenmusik,


das heutige Musikstück durfte ich vor 12 Jahren einmal selbst in Königslutter leiten: Das Konzert für Violine, Klavier und Streichorchester d-moll von Felix Mendelssohn Bartholdy. Bis heute denke ich gerne an die Aufführung in der Stadtkirche zurück. Unsere beiden Solisten Konradin Seitzer (Violine) und Konrad Maria Engel (Klavier) wurden damals minutenlang lautstark vom Publikum für ihre mitreißende Interpretation gefeiert. Das Werk zählt - völlig zu Unrecht! - zu den weniger bekannten Werken Mendelssohns.

Nur für kurze Zeit war der Besuch geplant, schließlich blieb man 16 volle Tage: Eher wollte der alte Goethe im November 1821 seine Berliner Gäste nicht aus Weimar fortziehen lassen - seinen Duzfreund Carl Friedrich Zelter mit dessen Tochter, vor allem aber den zwölfjährigen Felix Mendelssohn Bartholdy, der Zelters Schüler war. Goethe fand so großen Gefallen an dem Jungen und dessen Klavierspiel, dass er ihn während dieser Tage immer wieder zum Musizieren am Klavier aufforderte. Und der junge Mendelssohn genoss die Zuneigung des greisen Dichters wie die Anerkennung, die ihm Hof und Gesellschaft in Weimar zuteil werden ließen. Zu Anfang des Jahres 1822 entstehen Werke der großen Form, die heute allgemein als die ersten aufführungswürdigen Stücke des Komponisten gelten, darunter auch das wenig bekannte Violinkonzert d-Moll


Der junge Mendelssohn sollte fortan im Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter eine große Rolle spielen. Zu Anfang des Jahres 1822 schickte Goethe ein Stammbuchblatt nach Berlin, das mit den Worten schließt: „Wir wünschen dich allemal zurück.“ Und Felix kam wieder: Als die Familie im September 1822 von einer Reise in die Schweiz zurückkehrte, machte sie auch in Weimar Station. Wieder spielte Felix für Goethe.

Im März 1823 berichtet dann Zelter über die Fortschritte seines Schülers: „Auf der Violine kann er gleichfalls Meister werden“, und über seine Kompositionen: „Alles gewinnt Gediegenheit, kaum fehlt noch Stärke und Macht.“ Zur gleichen Zeit arbeitete Mendelssohn, der kurz zuvor 14 Jahre alt geworden war, wahrscheinlich an seinem Konzert für Violine, Klavier und Streicher d-Moll, das im Autograph das Datum vom 6. Mai 1823 trägt. Es kann als ein trefflicher Beleg für die Worte Zelters gelten. Die Gestaltung der Solostimme zeigt, welche erhebliche Fortschritte Mendelssohn im Geigenspiel inzwischen gemacht hat; im Vergleich zum d-Moll-Violinkonzert ist das Doppelkonzert auch wesentlich virtuoser.

Zwei Aufführungen dieses Doppelkonzerts stelle ich Ihnen heute sehr gerne vor: Renaud Capuçon (Violine) und Jean-Yves Thibaudet (Klavier) musizierten das Werk gemeinsam mit dem Ensemble The Knights unter der Leitung von Eric Jacobsen am 20. April 2017 im Rahmen des Festival de Pâques in Aix-en-Provence:

www.youtube.com/watch


Am 6. Dezember 2017 fand im Rahmen des Music Chapel Festivals (Belgien) eine weitere Aufführung mit Renaud Capuçon statt, dieses Mal mit seinem bevorzugten Kammermusikpartner Frank Braley (Klavier). Es spielt das Orchestre Royal de Chambre de Wallonie:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von Matthias Wengler