Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
als berühmtestes Werk von Jean Sibelius gilt neben "Finlandia" die zwischen 1900 und 1902 entstandene Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 43.
Jean Sibelius' Ruf als finnischer Nationalkomponist beruht auf mehreren Annahmen, von denen sich nicht alle bestätigen lassen. Er war der erste finnische Komponist, dessen Musik internationale Beachtung fand, und dem es gelang, sich im Kanon mit seinen Zeitgenossen andernorts Gehör zu verschaffen. Er verstand sich selbst als aus Finnland stammender "Player" im internationalen Musikgeschehen - ebenbürtig mit den Größen seiner Zeit und ohne patriotische Bekenntnisse, wenn es um das Wesen seiner Musik ging.
Den Sommer und Frühherbst des Jahres 1901 verbrachte Jean Sibelius auf dem Land, wo er bei seiner Schwiegermutter zu Gast war und sich ganz dem Komponieren widmen konnte. Auf seiner Agenda stand u. a. die zweite Sinfonie. Ideen und Motive hierfür hatte Sibelius schon zuvor im Winter und Frühjahr bei einem Aufenthalt im italienischen Rapallo gesammelt. Auch wenn die vier Sätze rhythmisch wie melodisch klar voneinander getrennt zu sein scheinen, erkennt man beim genaueren Hinhören den in den Streichinstrumenten aufgefächerten Dreiklang vom Beginn des ersten Satzes, der raffiniert die komplette Sinfonie durchzieht. In den späteren Werken verstärkte sich Sibelius’ Interesse, neue formale Methoden auf der Basis von Fragmentierung und Neukombination zu verfolgen. Durch ihre neuartige, individuelle Tonsprache hat sich die zweite Sinfonie ihre außerordentliche Popularität bewahrt - nicht zuletzt auch wegen des überwältigenden Schlusssatzes.
Jean Sibelius leitete selbst die Uraufführung am 8. März 1902, es spielte das Philharmonische Orchester Helsinki, die revidierte Fassung gelangte am 10. November 1903 in Stockholm unter der Leitung von Armas Järnefelt zur Erstaufführung. Bereits seinerzeit wurde die zweite Sinfonie in Verbindung gebracht mit den verzweifelten Unabhängigkeitsbestrebungen Finnlands, welches sich damals unter russischer Fremdherrschaft befand. Die finnische Sprache und Kultur wurde von St. Petersburg aus unterdrückt. Vor allem die heroischen sowie optimistischen Ecksätze scheinen den Nerv des finnischen Publikums getroffen zu haben. Ob das letztendlich auch Absicht des Komponisten war, ist nicht belegt. Auf jeden Fall gilt die zweite Sinfonie als das Ende von Sibelius’ Frühromantik.
Drei Aufführungen stelle ich Ihnen heute gerne zur Auswahl: Das National Youth Orchestra of the USA musizierte das Werk unter der Leitung von Sir Michael Tilson Thomas 2018 in Peking:
www.youtube.com/watch
Im Januar 2016 musizierte das NDR-Elbphilharmonieorchester unter der Leitung von Herbert Blomstedt Sibelius' zweite Sinfonie in der Hamburger Laeiszhalle:
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Und zum Abschluss die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Leonard Bernstein, aufgezeichnet im Oktober 1986 im Wiener Musikverein:
www.youtube.com/watch (1. und 2. Satz)
www.youtube.com/watch (3. und 4. Satz)