Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
in erster Linie ist Giacomo Puccini als Opernkomponist bekannt - Stücke wie "Tosca", "La Bohème" und "Turandot" zählen zu den Säulen des Opernrepertoires. Seine musikalischen Wurzeln lagen jedoch in der Kirchenmusik. Ein Frühwerk Puccinis möchte ich Ihnen heute vorstellen: die Messa di Gloria.
Giacomo Puccini schrieb die "Messa á quattro voci con orchestra", wie der ursprüngliche Titel lautete, als Zwanzigjähriger, noch bevor er sein Studium am Mailänder Konservatorium aufnahm. Der Vater war Organist und Chorleiter am Dom seiner Heimatstadt Lucca. Puccini selbst war schon im Alter von 14 Jahren ein versierter Organist, dem somit eine Karriere als Kirchenmusiker vorausgesagt wurde. In dieser Familientradition entstand im Jahr 1878 das Credo, das zum Fest des Stadtpatrons St. Paolino aufgeführt wurde. Zwei Jahre später komponierte Puccini die anderen Messteile und vollendete somit sein Jugendwerk. Die Uraufführung der Messa a quattro voci erfolgte am 12. Juli 1880 während eines Gottesdienstes am Fest des Heiligen Paolino in Lucca und wurde begeistert aufgenommen.
Bemerkenswert ist, dass schon in diesem Frühwerk die Qualitäten seiner späteren Kompositionen klar zu erkennen sind, welche neben einer guten Instrumentierung und Satztechnik vor allem in der Erfindung äußerst suggestiver Melodien liegen. Mit der Oper "Manon Lescaut", in der Puccini das Agnus Dei der Messe mitverwendete, gelang ihm im Jahr 1893 ein Werk, das ihm sehr großen Erfolg und finanzielle Unabhängigkeit bescherten, so dass er sich ganz auf dieses Metier konzentrierte. Welterfolge wie "Madame Butterfly", "La Bohème" oder "Tosca" zählen noch heute zu den meistgespielten und beliebtesten Opern der Theater in der ganzen Welt.
Das vollständige Manuskript der Messa wurde von Puccini nie veröffentlicht, sein Werk wurde trotz erfolgreicher Erstaufführung auch zu Lebzeiten des Komponisten nicht mehr aufgeführt. Erst 1950 wurde sie durch den amerikanischen Priester Dante del Fiorentino bei Arbeiten an einer Puccini-Biographie wieder entdeckt. Ihm verdankt sie den Namen "Messa di Gloria", den er vermutlich wegen der im Vergleich zu anderen Messvertonungen ungewöhnlichen Länge des Gloria wählte und der ihren Charakter zugleich sehr präzise beschreibt: Die ganze Messe ist ein "Monument zur Ehre Gottes", wie ein Herausgeber des Werkes formuliert. Erst auf den Tag genau 72 Jahre nach der Premiere kam es in Chicago zur ersten Wiederaufführung.
Puccinis Messa di Gloria führt auch heute immer noch ein Schattendasein - zu Unrecht, wie ich meine. Bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil - die jungen Musiker*innen der folgenden Aufführung haben Puccinis Werk jedenfalls sicht- und hörbar ins Herz geschlossen. Im Rahmen eines Festspielkonzertes der Bayerischen Staatsoper
musizierten am 8. Juli 2017 im Münchner Prinzregententheater Matthew Grills (Tenor), Andrea Borghini (Bariton), der Kinderoper Prag, der Kinderchor der Bayerischen Staatsoper und das ATTACCA Jugendorchester des Bayerischen Staatsorchesters unter der Leitung von Allan Bergius:
Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler