Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
auch in diesem Jahr wird Silvester wieder zur "Stillen Nacht", Feuerwerk zum Jahreswechsel ist untersagt - und ich gehöre zu dem Personenkreis, der überhaupt nicht traurig darüber ist. Zum Trost für alle: Musikalisches Feuerwerk bleibt erlaubt; daher fällt meine Wahl heute auf die Feuerwerksmusik HWV 351 von Georg Friedrich Händel.
Ein gigantisches Feuerwerk sollte es werden: vor großem Bühnenbild, umrahmt von der extra dafür komponierten "Feuer-Musik" von Georg Friedrich Händel. König Georg II. von England wollte mit diesem Freiluftspektakel den Aachener Frieden feiern, das Ende des langen und zähen Österreichischen Erbfolgekrieges. Aus Paris war der berühmte italienische Architekt, Bühnenbildner und Feuerwerker Giovanni Niccolò Servandoni angereist, um der geplanten Friedensfeier den rechten, mithin spektakulären Glanz zu verleihen. In Händels imponierender Partitur vereinen sich der barocke Pomp der französischen Ouvertüre und der rhythmische Schwung des italienischen Concerto grosso. Die öffentliche Generalprobe in den Vauxhall Gardens zu London fand am 21. April 1749 statt: 12.000 Menschen verfolgten das Spektakel, der Straßenverkehr brach zusammen.
Händels Auftragswerk für den Festakt war verbunden mit den königlichen Wünschen, dass die Musik kriegerisch klingen sollte: also nur mit Militärinstrumenten gespielt, ohne Streicher. Briefe gingen hin und her, der König bestand auf militärischen Instrumenten, Händel beharrte auf zusätzlichen Streichern. Man feilschte um jede Stimme - letztlich willigte Händel ein, beim Feuerwerk mit Militärorchester zu spielen, allerdings nicht ganz so martialisch besetzt wie ursprünglich gewünscht. Und: Streicherstimmen komponierte er trotzdem mit, um seine Wunschfassung vier Wochen später in einem Benefizkonzert aufzuführen. Über die Anzahl von Trompeten, Hörnern und Kesselpauken, die schließlich an der Festmusik teilnahmen, gibt es unterschiedliche Berichte. Ein Chronist schreibt von über 100 Bläsern, andere Quellen nennen die Hälfte an Spielern. In jedem Fall muss es aber ein stattliches Ensemble für dieses Open-Air-Festival gewesen sein.
Als der König am 27. April 1749 dazu in den Londoner Green Park einlud, regnete es den ganzen Nachmittag - entsprechend war die Stimmung. Zu allem Überfluss geriet auch noch durch einen technischen Defekt die Bühnenkonstruktion in Brand. Zwischen den königlichen Beamten brach darüber ein Streit aus und sie gingen mit dem Degen aufeinander los. Einzig Händels Freiluftmusik hielt mit ihren Paukenschlägen und Trompetenfanfaren den Turbulenzen Stand. Das Stück gehört zu den letzten Instrumentalwerken Händels, bevor er aufgrund seiner Erblindung in seinem Schaffen zunehmend eingeschränkt wurde.
Zu einem musikalischen Gipfeltreffen kam es 2007 auch bei den BBC Proms in der Londoner Royal Albert Hall, das Freiburger Barockorchester spielte gemeinsam mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment, die Leitung hatte Gottfried von der Goltz:
Ihnen allen wünsche ich einen guten Start in das neue Jahr 2022, das Ihnen weniger Nachrichten über die Pandemie, dafür aber Gesundheit, Glück und viel Musik bescheren möge.
Matthias Wengler