Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
vor einigen Wochen habe ich nicht schlecht gestaunt, dass als Ersatz für die auch in diesem Jahr ausgefallenen Domkonzerte in Königslutter ein Sonderkonzert veranstaltet wurde - so waren am 6. November im Kaiserdom Hornklänge zu erleben: Musik zur Hubertus-Messe sowie Musik zur Jagd im zweiten Teil des moderierten Konzerts, gespielt vom Parforcehorn-Bläserkreis Nordheide.
Ein offenes Wort sei an dieser Stelle gestattet: Weder wäre ich auf dieses Programm gekommen, noch hätte ich diese Idee in die Tat umgesetzt; ein Kirchenraum mit diesem Konzertprogramm verbietet sich für mich. Als Gegenentwurf stelle ich Ihnen heute gerne ein Werk vor, das ich mir im Kaiserdom wiederum sehr gut vorstellen könnte: Das Hornkonzert Nr. 1 Es-Dur op. 11 von Richard Strauss.
Die Komposition eines Hornkonzertes lag für den jungen Richard Strauss mehr als nahe, schließlich war sein Vater Franz Strauss erster Hornist der Münchner Hofkapelle und einer der führenden Hornisten seiner Zeit, geschätzt und gelobt unter anderem von Hans von Bülow und Richard Wagner. So schrieb der damals erst 18-jährige Richard Strauss 1882/83 das erste seiner beiden Hornkonzerte und widmete dessen Klavierfassung seinem Vater zum 60. Geburtstag. Die Uraufführung der Orchesterfassung dirigierte 1885 Hans von Bülow in Meiningen.
Gewidmet ist das Werk aber dem "Königlich Sächsischen Kammermusiker Herrn Oscar Franz", der von 1867 bis 1886 als erster Hornist der Dresdner Hofkapelle wirkte.
Das Konzert steht noch in der klassisch-romantischen Tradition Mendelssohns und Webers, lässt aber bereits einige typische Merkmale der späteren Handschrift Strauss‘
erkennen: etwa den Sinn für weitgespannte Melodiebögen, eine aparte Klanglichkeit und einen überlegenen und fantasievollen Umgang mit der Form. Die drei Sätze gehen nahtlos ineinander über, Grundgedanke des kompakten Werkes ist ein aufsteigendes Dreiklangsmotiv, das bereits das Hauptthema des ersten Satzes bestimmt.
Als Strauss' erster Biograf Max Steinitzer das Hornkonzert op. 11 als "formschön", "brillant" und für den Hornisten "mundgerecht" nannte, war das bestimmt nicht übertrieben. Es zählt zu den beeindruckendsten Werken seiner Gattung und machte schon bei seiner Uraufführung dem Publikum Appetit auf mehr Musik von Richard Strauss - welch ein Glück, dass diese Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen wurden.
Zu den herausragenden Hornisten unserer Zeit zählt zweifelsohne Stefan Dohr, Solo-Hornist der Berliner Philharmoniker. Mit dem Auckland Philharmonia Orchestra unter der Leitung von Tadaaki Otaka hat er am 18. Mai 2017 Strauss' erstes Hornkonzert in der Auckland Town Hall aufgeführt:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler