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03.10.2020 Kategorie: ElmMusik, ErkerodeMusik

Musik in schwierigen Zeiten Folge 85

von Propsteikantor Matthias Wengler

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freunde der Kirchenmusik,


meine heutige Empfehlung für Sie: Robert Schumanns Sinfonie Nr. 2 C-Dur op. 61, für mich viel zu selten im Konzertsaal zu erleben. Schumann komponierte sie im Zustand der sich immer deutlich abzeichnenden verhängnisvollen Krankheit – und ist trotz allem eine Lebensbejahung.

Im Herbst 1844 zog Robert Schumann mit seiner Familie von Leipzig nach Dresden. Er war erschöpft und krankheitsanfällig, litt an Depressionen, Schlaflosigkeit und Ängsten. Genau in dieser Phase begann er, sich intensiv mit Bachs Polyphonie zu befassen, was dann auch in das neue Werk einfließen sollte. „Die Symphonie schrieb ich im Dezember 1845 noch halb krank; mir ist’s, als müsste man ihr dies anhören. Erst im letzten Satz fing ich an mich wieder zu fühlen; wirklich wurde ich auch nach Beendigung des ganzen Werkes wieder wohler“, schrieb Schumann über seine zweite Sinfonie, die der Entstehung nach eigentlich bereits seine dritte war. Denn nach der Ersten hat er 1841 eine weitere komponiert, die aber erst 1851 als vierte Sinfonie veröffentlicht wurde.

Die Uraufführung am 5. November 1846 im Gewandhaus zu Leipzig unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy, den Schumann wie kaum einen anderen seiner Zeitgenossen schätzte, brachte nicht den erwarteten Erfolg. Erst die Wiederholung mit einer korrigierten Version einige Wochen später fand die ersehnte Zustimmung. 


Zwei sehr unterschiedliche Interpretationen dieses Werks möchte ich Ihnen heute vorstellen: 2013 dirigierte Daniel Harding das Mahler Chamber Orchestra bei den BBC Proms:

https://www.youtube.com/watch?v=oQk8jQydMqc

Schumanns zweite Sinfonie spielte auch eine wichtige Rolle im Leben Leonard Bernsteins. 1937 lernte er das Werk durch eine Aufführung mit Dimitri Mitropoulos und dem Boston Symphony Orchestra kennen. Sie wurde zu einem seiner Lieblingswerke fürs ganze Leben. Bereits 1948 konzertierte er damit auch in Europa, unter anderem in Deutschland. Mehrfach nahm er das Werk auf, und noch wenige Monate vor seinem Tod studierte er das Werk 1990 mit dem Jugendorchester des Sapporo Music Festivals in Japan ein.

Unter den verschiedenen Einspielungen ist die Aufführung mit den Wiener Philharmonikern aus dem Jahr 1984 besonders gelungen. Bei keinem anderen Dirigenten dauert der dritte Satz länger - und doch tritt die Musik nicht auf der Stelle. Was bei anderen Dirigenten vielleicht sehr zäh und mühsam klingen würde: Hier ist jede Note zutiefst empfunden. 

https://www.youtube.com/watch?v=L2eGkxHaGu0

Ihnen allen ein´schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von Matthias Wengler