Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
vor einigen Tagen hat Italien die Fußball-EM gewonnen. Die passende Musik dazu habe ich vermisst, aber hier kommt sie nachträglich: Feste Romane von Ottorino Respighi.
Feste Romane ("Römische Feste") ist die letzte der drei sinfonischen Dichtungen von Ottorino Respighi, die zusammen die Römische Trilogie bilden. Sie entstand 1928, zwölf Jahre nach der ersten Tondichtung des Zyklus, Fontane di Roma ("Die Brunnen von Rom"), und vier Jahre nach dem mittleren Werk, Pini di Roma ("Die Pinien von Rom"). Wie die beiden anderen ist sie in vier Sätze gegliedert und zählt zu den bekanntesten Werken des Komponisten.
Alle drei sinfonischen Dichtungen sind nicht nur dem Umstand geschuldet, dass Respighi ab 1913 einen Ruf als Kompositionslehrer am Santa Cecilia in Rom erhielt, sondern einer eher grundsätzlichen Idee der Erneuerung der italienischen Musik im 20. Jahrhundert. Die anderen europäischen Länder hatten sich weiterentwickelt, Italien war abgehängt worden. So lag es für die „generazione dell‘80“ (den Komponisten, die um das Jahr 1880 geboren waren) nahe, dass sie sich wieder an das musikalische Erbe Italiens erinnerten und sich dieses auch als Vorlage nahmen, um Neues zu schaffen.
Dass die sogenannte „Römische Trilogie“ sich formal und klanglich an Vorbildern orientierte, lag an Einflüssen, die Respighi von Nikolai Rimsky-Korsakow und Igor Strawinsky bei seinen Aufenthalten in St. Petersburg und Moskau und erhielt. Und dennoch schuf der Italiener einen neuen italienischen sinfonischen Stil mit diesen sinfonischen Dichtungen. Dem Dirigenten Arturo Toscanini ist es in erster Linie zu verdanken, dass seine Werke heute weltweit so erfolgreich sind
Zu den Feste Romane noch eine kurze inhaltliche Erläuterung: Was die Menschen im antiken Rom hauptsächlich interessierte, sollen Brot und Zirkusspiele gewesen sein. lm ersten Satz "Circenses" (Zirkusspiele) seiner Römischen Feste schildert Respighi das Ritual des Zirkus und der Gladiatorenkämpfe. Die Todgeweihten grüßen den Kaiser, Sturmwolken brauen sich zusammen, und man hört den Gesang der christlichen Märtyrer und die wilden Bestien. lm zweiten Satz ("Giubileo" - Jubeljahr) wird ebenfalls das alte Rom beschworen. Hier dreht sich alles um die Pilger, die in der Heiligen Stadt die Vergebung ihrer Sünden suchen. Glocken und fromme Gesänge sind die wichtigsten Bestandteile dieses musikalischen Bilderbogens. In "L’Ottobrata" (Oktoberfest) wird das Herbstfest gefeiert. Das Jagdhorn erklingt, Volkslieder und Glocken ertönen. Darauf folgt mit "La Befana" (Dreikönigsnacht) das Epiphaniasfest, das mit Trompeten, Liedern und Tänzen auf der Piazza Navona in Rom gefeiert wird.
Es ist eines der turbulentesten und effektvollsten Werke der Orchesterliteratur - und vielleicht lassen Sie sich ebenfalls so begeistern wie das Publikum in der Londoner Royal Albert Hall am 8. August 2009, als das National Youth Orchestra of Great Britain unter der Leitung von Vasily Petrenko Respighis Feste Romane aufführte.
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig
Matthias Wengler