Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
vor ein paar Tagen habe ich wieder einmal ein Familienkonzert der NDR-Radiophilharmonie Hannover besucht. Erneut trat Moderator Malte Arkona als Orchesterdetektiv auf und hat gemeinsam mit dem Dirigenten Frank Strobel viel Wissenswertes über Filmmusik für das Publikum ermittelt. Das Konzert, das unter dem Titel "Was ist los mit Harry Potter?" stattfand, war zugleich auch eine Hommage John Williams - den Großmeister der Filmmusik, der in wenigen Tagen seinen 90. Geburtstag feiert und aktuell die Musik für den fünften "Indiana Jones"-Film komponiert. Ein Tipp vorab für den Kalender: Der Mitschnitt dieses sehr gelungenen Konzerts ist am Dienstag, 5. April 2022, um 19.03 Uhr in der Sendung Mikado Klassik auf NDR Kultur zu hören.
"Der weiße Hai", "Star Wars" und "Indiana Jones" - kaum ein Komponist hat so legendäre Soundtracks vorzuweisen wie John Williams, der 52 Mal für den Oscar nominiert wurde. Den ersten erhielt er 1972 für seine Orchestrierung des Musicals "Anatevka" ("Fiddler on the Roof"). Vier Jahre später folgte dann der erste Oscar für eine Originalkomposition, nämlich zu Steven Spielbergs "Der weiße Hai". Dieser Film bedeutete für Williams den Durchbruch.
1977 war es Regisseur George Lucas, an dessen Seite Williams mit "Star Wars" Filmmusikgeschichte schrieb. Die besondere Leistung von Williams bestand aus heutiger Sicht darin, diesem durch und durch futuristisch angelegten Sujet und seinen Figuren eine Musik auf den Leib geschrieben zu haben, die von Anfang bis Ende mit klassischem Orchester auskommt - während der musikalische Trend der Filmindustrie damals ganz in Richtung Popmusik ging.
Der Zeremonienmeister des großsinfonischen Hollywood-Kinos kann allerdings auch gänzlich anders: intimer und nach innen gekehrt, auf den seelischen Kern der Handlung konzentriert. Der vielleicht schlagendste Beweis hierfür ist sein Thema zu Steven Spielbergs großem Beitrag zur Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit: "Schindlers Liste“ aus dem Jahr 1993. Angeblich soll Williams zunächst zögerlich reagiert haben. Mit den Worten: "Steven, für diesen Film benötigst Du einen besseren Komponisten als mich." Und Spielberg soll bloß geantwortet haben: "Ich weiß, aber die sind alle tot."
Mit seiner Musik zu "Schindlers Liste“ erhält John Williams - nach "E.T. - Der Außerirdische“ (1983) und "Star Wars (1978) - seinen insgesamt fünften Oscar. Und es folgen Jahr für Jahr weitere Nominierungen. Mit insgesamt 52 hält er aktuell den Weltrekord unter den lebenden Künstlern - nur Walt Disney brachte es auf noch ein paar mehr. "Superman" (1978), "Indiana Jones" (1989), "Kevin allein zu Haus" (1990), "Jurassic Park" (1993), "Der Soldat James Ryan" (1998), "Die Asche meiner Mutter" (1999), "Harry Potter" (2001)... - nicht nur die Qualität der Scores von John Williams, sondern auch seine Produktivität ist schier unfassbar. Ans Aufhören denkt er offenbar noch lange nicht.
Heute in dieser Ausgabe daher einmal eine Zusammenstellung von oscarprämierten Partituren von John Williams - zunächst "Anatevka": Itzhak Perlman ist hier mit dem Los Angeles Philharmonic unter der Leitung von Gustavo Dudamel zu sehen, der Mitschnitt entstand im September 2014 in der Walt Disney Concert Hall:
Musik und Ort finden im folgenden Link wunderbar zueinander: Die Deutsche Radiophilharmonie Saarbrücken Kaiserslautern spielte am 6. Juli 2019 im Strandbad Losheim am See(!) die Titelmusik zu "Der weiße Hai":
Unter der mit einem Oscar ausgezeichneten Filmmusik von John Williams habe ich einen persönlichen Favoriten - das Flying Theme aus "E.T.". Hier ein Mitschnitt aus dem Space Night Concert vom 2. Juli 2019 im Circus-Krone-Bau mit dem Münchner Rundfunkorchester unter der Leitung von Patrick Hahn:
www.youtube.com/watch
Das Main Theme aus "Star Wars" mit den Wiener Philharmonikern unter der Leitung des Komponisten, aufgezeichnet im Januar 2020 im Wiener Musikverein:
www.youtube.com/watch
Und zum Abschluss: Das Thema aus "Schindlers Liste" - noch einmal Itzhak Perlman und das Los Angeles Philharmonic unter der Leitung von Gustavo Dudamel:
Ihnen allen einen schönen Tag mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig - möge die Macht mit Ihnen sein! :-)
Matthias Wengler