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06.07.2021 Kategorie: ElmMusik, ErkerodeMusik

Musik in schwierigen Zeiten

Folge 194

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freunde der Kirchenmusik,


heute erwartet Sie ein Werk, in dem sich Chorsänger*innen einmal so richtig austoben dürfen, die Kombination von Goethe, Mendelssohn und Hexentanz macht es möglich: Die erste Walpurgisnacht op. 60 von Felix Mendelssohn Bartholdy ist unser heutiges Musikstück.

Johann Wolfgang von Goethe lieferte mit seinem gleichnamigen Gedicht schon 1799 die Textvorlage für die Erste Walpurgisnacht. Sie war von Anfang an zur Vertonung bestimmt. Der von Goethe dazu ausersehene Freund und Musikpädagoge Carl Friedrich Zelter konnte mit der Ballade jedoch nichts anfangen. Dessen Schüler Felix  Mendelssohn, der Goethe schon als 12-jähriger kennengelernt hatte, nahm sich Jahrzehnte später der Vorlage an. Noch zu Goethes Lebzeiten begann er auf einer Italienreise 1830/31, „eine Art großer Kantate“ zu komponieren, worüber er mit Goethe noch korrespondierte. Der Dichter hat jedoch die erste Fertigstellung im Herbst 1832 nicht mehr erlebt. Mendelssohn nahm von 1840 bis 1844 diverse Umarbeitungen vor und schuf damit eine zweite Fassung, die üblicherweise aufgeführt wird.

 
Diese Fassung besteht aus neun Vokalnummern, ihr ist eine zweiteilige Ouvertüre vorangestellt. Die Ballade handelt von dem „alten heilgen Brauch“, „Allvater“ zu Frühlingsanfang in der Walpurgisnacht (die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai) durch das Entzünden von Feuern auf den Berggipfeln zu loben und ehren. Dies geschieht jedoch vor dem Hintergrund, dass diese von Druiden geleiteten heidnischen Gottesdienste durch „strenge Überwinder“ in Gestalt von „dumpfen Pfaffenchristen“ bei Todesstrafe verboten und verdammt werden. Die christlichen Widersacher werden am Ende besiegt durch ihren eigenen Aberglauben: Die Anhänger des alten Feuerbrauches maskieren sich und lärmen, um die christlichen Wächter, die an Teufelserscheinungen glauben, mit allerlei Getöse und Mummenschanz zu verjagen („Kommt mit Zacken und mit Gabeln wie der Teufel, den sie fabeln…“). Diesen Spuk musikalisch darzustellen gelingt Mendelssohn mit den Mitteln der Instrumentation und Dynamik in allen Nuancen. Im hymnischen C-Dur-Schlusschor feiern der Chor der Druiden und des Heidenvolkes den archaischen Feuerritus.

Die Uraufführung dieser weltlichen Kantate für Soli, Chor und Orchester fand in ihrer Erstfassung im Januar 1833 in der Singakademie in Berlin statt und wurde vom Komponisten selbst geleitet.

Unser heutiger Mitschnitt kommt wieder einmal aus dem Kloster Eberbach vom Rheingau-Musikfestival. Am 22. August 2014 sangen und musizierten dort 

Sonja Leutwyler (Alt), Maximilian Schmitt (Tenor), Adrian Eröd (Bariton), Markus Volpert (Bass), der MDR-Rundfunkchor und das hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von Andrés Orozco-Estrada, der mit diesem Konzert sein Antrittskonzert als Chefdirigent des Orchesters gab:

www.youtube.com/watch

Ihnen allen ein schönes Wochenende mit herzlichen Grüßen aus Braunschweig

Matthias Wengler

Beitrag von Matthias Wengler