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01.04.2022 Kategorie: ElmMusik, ErkerodeMusik

Musik in schwierigen Zeiten - 307

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde der Kirchenmusik,
 
willkommen zu einer weiteren Ausgabe von "Sieben Wochen MIT Mozart", heute mit dem Klavierkonzert Nr. 24 c-Moll KV 491.

Mozarts Klavierkonzert c-Moll KV 491 entstand im März 1786, parallel zur Oper "Die Hochzeit des Figaro". Drei Wochen nach dem A-Dur-Konzert KV 488 war es vollendet und wurde am 7. April 1786 in Wien uraufgeführt. Es ist ein besonders markantes Zeugnis von Mozarts Empfindungstiefe und seiner inzwischen erworbenen inneren Freiheit, selbst die tiefsten Abgründe des Seelischen in seinen Klavierkonzerten auszuleuchten.

Dieses Konzert kennt mit seinem düsteren Pathos in Mozarts Werk keine Parallele. Es verfügt zudem über den größten Orchesterapparat aller Klavierkonzerte -  Klarinetten und Oboen, Hörner und Trompeten, dazu Fagotte und Flöte - und trägt dieser gewichtigen Ausstattung durch seine betont sinfonische Faktur maßgeblich Rechnung. Anstatt der sonst üblichen vielen kurzen Gedanken dominiert hier im ersten Orchestertutti nur ein einziges heroisch-pathetisches, unterschwellig drohendes, tragisch-fatalistisches Thema, das sogleich mehrfach sinfonisch verarbeitet wird und das gesamte, 99 Takte lange erste Orchesterritornell motivisch speist. Das Klavier setzt dieser drohenden Geste zunächst nur ein recht schwaches, sanft klagendes Motiv entgegen; nur wenig später wird es aber selbst eingesponnen in den gewaltigen sinfonischen Sog des Orchesters und unternimmt mit ihm eine wundersame, schmerzlich-schöne Reise durch die dunklen Seelenregionen und die magischen Randbezirke der heroischen Grundtonart c-moll, um dann, nach mehr als 500 Takten, am Ende sich allmählich zu entfernen und in einer Grauzone zu verlieren.

Die Stunde des Klaviers schlägt erst im zweiten Satz: In diesem abgeklärten Es-dur-Larghetto von schlichter, ruhiger Schönheit kündigt sich der ganz späte, transzendierende Mozart der "Zauberflöte" an. Im Schlusssatz, der an Erhabenheit seinesgleichen sucht, dominiert stolze Trauer. Das 16-taktige Variationsthema verbindet in seinen beiden achttaktigen Hälften auf engstem Raum unterschiedliche Gefühlsregungen: alle zwei Takte abwechselnd Trauer, Schmerz, Sehnsucht und Erlösung. Jedoch ist dieser Empfindungsreichtum wieder in eine strenge Form, eine periodische, liedartige Gestalt eingebunden, es bleibt alles innerlich, intim, diskret, geschützt. Am Ende mündet der Satz zwar in eine recht ausgelassene 3/4-Stretta, behält aber auch da die Moll-Tonart bei: So entsteht auch hier wieder jene typische Hell-Dunkel-Irritation, jene heitere Trauer oder bedrückte Heiterkeit, die das gesamte Spätwerk Mozarts kennzeichnet.
 
Meine Empfehlungen umfassen heute eine nahezu weltweite Auswahl von großartigen Musiker*innen - zunächst Leif Ove Andsnes mit dem Kristiansand Symfoniorkester unter der Leitung von Eivind Gullberg Jensen, aufgezeichnet am 6. Mai 2021 im Kilden Teater og Konserthus in Kristiansand (Norwegen):

www.youtube.com/watch

Der zweite Mitschnitt kommt aus London von den BBC Proms, Víkingur Ólafsson musizierte Mozarts c-Moll-Konzert mit dem Philharmonia Orchestra unter der Leitung von Paavo Järvi am 14. August 2021 in der Royal Albert Hall:
 
www.youtube.com/watch

Ein weiterer Mitschnitt kommt aus Japan: Piotr Anderszewski musizierte am 21. September 2018 in der Suntory Hall in Tokio mit dem Yomiuri Nippon Symphony Orchestra unter der Leitung von Sylvain Cambreling: 2018.9.21 Tokyo Japan

www.youtube.com/watch
 
Noch einmal ein Mitschnitt von den Londoner Proms vom 6. September 1993 - beinahe schon eine Rarität: Maurizio Pollini mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra unter der Leitung von Simon Rattle, der damals noch nicht Sir war:
 
www.youtube.com/watch
 
1991 musizierte Sir André Previn in Wien Mozarts c-Moll-Konzert als Pianist und Dirigent in der Großen Galerie des Schlosses Schönbrunn mit dem Royal Philharmonic Orchestra:
 
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Und zum Schluss noch ein Mitschnitt aus Salzburg mit einem kompletten Mozart-Programm: Am 23. Januar 2021 fand das Abschlusskonzert der Mozartwoche im Mozarteum statt - ohne Publikum. Es musizierten Cecilia Bartoli, Daniel Barenboim und die Wiener Philharmoniker, das Programm bestand aus folgenden Mozart-Werken:
 
"Ch'io mi scordi di te?" - "Non temer", Rezitativ und Arie für Sopran und obligates Klavier KV 505
"Vedrai, carino" aus "Don Giovanni"
Klavierkonzert Nr. 24 c-Moll KV 491
Sinfonie Nr. 38 D-Dur "Prager" KV 504
 
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Beitrag von NR